Freitag, 1. Februar 2013

Die Schwestern in der Klausur

Besondere Aufmerksamkeit verdienen das Klosterleben der Frau und die Schwestern in der Klausur wegen der Hochachtung, die die christliche Gemeinschaft dieser Lebensform entgegenbringt, die ein Zeichen der ausschlieblichen Vereinigung der bräutlichen Kirche mit dem über alles geliebten Herrn ist. Das Leben der Schwestern in der Klausur, die sich hauptsächlich dem Gebet, der Askese und dem leidenschaftlichen Vorankommen im geistlichen Leben widmen, ist in der Tat »nichts anderes als ein Streben nach dem himmlischen Jerusalem, eine Vorwegnahme der endzeitlichen Kirche, unverwandt ausgerichtet auf den Besitz und die Anschauung Gottes«.Im Lichte dieser kirchlichen Berufung und Sendung entspricht die Klausur dem als prioritär erkannten Bedürfnis, beim Herrn zu sein. Durch die Wahl eines begrenzten Raumes als Lebensort nehmen die Schwestern in der Klausur an der tiefen Demut Christi teil durch eine radikale Armut, die sich im Verzicht nicht nur auf Dinge, sondern auch auf den »Raum«, auf die Kontakte und auf so viele Güter der Schöpfung ausdrückt. Diese besondere Art, den »Leib« zu schenken, führt sie mit mehr Feingefühl in das eucharistische Geheimnis ein. Sie bringen sich mit Jesus für das Heil der Welt dar. Über den Aspekt des Opfers und der Sühne hinaus erwirbt ihre Hingabe auch den Aspekt der Danksagung an den Vater in der Teilhabe an der Danksagung des geliebten Sohnes.Die in dieser geistlichen Spannung verwurzelte Klausur ist nicht nur ein asketisches Mittel von sehr hohem Wert, sondern eine Art und Weise, das Ostern Christi zu leben.Aus Erfahrung des »Todes« wird die Klausur Überflub des Lebens, indem sie sich als frohe Ankündigung und prophetische Vorwegnahme der jedem einzelnen und der ganzen Menschheit angebotenen Möglichkeit darstellt, allein für Gott in Christus Jesus zu leben (vgl. Röm 6,11). Die Klausur ruft also jene Kammer des Herzens wach, in der jeder berufen ist, die Einheit mit dem Herrn zu leben. Als Geschenk empfangen und als freie Antwort der Liebe gewählt ist die Klausur der Ort der geistlichen Gemeinschaft mit Gott und mit den Brüdern und Schwestern, wo die Raum- und Kontaktbeschränkung zum Vorteil der Verinnerlichung der evangelischen Räte gereicht (vgl. Joh 13,34; Mt 5,3.8).Die Klausurgemeinschaften, die die Stadt auf dem Berg und das Licht auf dem Leuchter (vgl. Mt 5,14-15) darstellen, versinnbildlichen bei aller Einfachheit ihres Lebens sichtbar das Ziel, auf das die ganze Gemeinschaft der Kirche zugeht, die »voll Eifer der Tätigkeit hingegeben und doch frei für die Beschauung«auf den Straben der Zeit vorwärtsgeht, den Blick fest auf die künftige Erneuerung von allem in Christus gerichtet, wenn die Kirche mit ihrem Bräutigam vereint in Herrlichkeit erscheint (vgl. Kol 3,1-4)«und Christus »jede Macht, Gewalt und Kraft vernichtet hat und seine Herrschaft Gott, dem Vater, übergibt [...], damit Gott herrscht über alles und in allem« (1 Kor 15,24.28).Diesen geliebten Schwestern gilt deshalb meine Dankbarkeit und die Ermunterung, dem Klausurleben gemäb ihrem Charisma treu zu bleiben. Dank ihres Beispiels verzeichnet diese Lebensform ständig zahlreiche Berufungen, die von der Radikalität eines »bräutlichen« Daseins angezogen sind, das sich Gott in der Kontemplation vollkommen hingibt. Als Ausdruck reiner Liebe, die mehr wert ist als jedes Werk, entfaltet das kontemplative Leben eine auberordentliche apostolische und missionarische Wirksamkeit.ie Synodenväter haben dem Wert des Klausurlebens gegenüber hohe Anerkennung zum Ausdruck gebracht und gleichzeitig die hie und da vorgetragenen Anfragen bezüglich dessen konkreter Ordnung geprüft. Die Hinweise der Synode zum Thema und besonders der Wunsch nach einem stärkeren Verantwortungsbewubtmachen der höheren Oberinnen auf dem Gebiet der Teilaufhebung der Klausur aus einem gerechten und schwerwiegenden Grundwerden zum Gegenstand einer organischen Überlegung auf der Linie des Weges der vom II. Vatikanischen Konzil ausgehenden und bereits verwirklichten Erneuerung.Auf diese Weise wird die Klausur in den verschiedenen Formen und Stufen– von der päpstlichen und der konstitutionsmäbigen bis hin zur monastischen Klausur– der Verschiedenheit der kontemplativen Institute und der Traditionen der Klöster besser entsprechen.Wie die Synode weiter betont hat, sollen darüber hinaus die Vereinigungen und Föderationen zwischen Klöstern gefördert werden, wie sie schon von Pius XII. und vom II. Vatikanischen Konzil empfohlen wurden,besonders dort, wo keine anderen wirksamen Formen der Koordinierung und der Hilfe bestehen, um die Werte des kontemplativen Lebens zu schützen und zu fördern. Unter Berücksichtigung der rechtmäbigen Autonomie der Klöster können derartige Organismen in der Tat eine wirksame Hilfe bieten zu angemessener Lösung gemeinsamer Probleme, wie der vorteilhaften Erneuerung der Aus- und Weiterbildung, der gegenseitigen wirtschaftlichen Unterstützung und auch der Reorganisation der Klöster selbst.

[Vita Consecrata, Johannes Paul II, LEV]